
“So What”, ein ikonischer Titel aus dem legendären Album “Kind of Blue” von Miles Davis, verkörpert den Übergang vom Bebop zum modalen Jazz und lädt den Hörer zu einer meditativen Klangreise ein.
Im Jahr 1959 revolutionierte Miles Davis mit “Kind of Blue” die Jazzlandschaft. Das Album löste sich von den komplexen Harmonien des Bebops und betonte stattdessen die Stimmung und Atmosphäre, die durch die Verwendung von Skalen (Modi) anstelle traditioneller Akkordfolgen erzeugt wurden. “So What”, der Eröffnungstrack des Albums, ist ein Paradebeispiel für diese innovative Herangehensweise.
Das Stück beginnt mit einem simplen, aber hypnotischen Thema, gespielt von Davis’ charakteristischem Ton auf der Trompete. Die Melodie, die sich über zwei Oktaven erstreckt und aus nur wenigen Noten besteht, wird von John Coltrane auf dem Tenorsaxophon in einer sanften und sehnsüchtigen Weise wiederholt. Der Rhythmus ist sparsam und lasst viel Raum für Improvisation, was typisch für den modalen Jazz ist.
Die Rhythmusgruppe, bestehend aus dem Pianisten Bill Evans, dem Bassisten Paul Chambers und dem Schlagzeuger Jimmy Cobb, spielt eine untergeordnete Rolle im Vergleich zu früheren Bebop-Kompositionen. Sie dient hauptsächlich als Hintergrund für die improvisatorischen Soli der Bläser, die sich frei innerhalb des gewählten Modus bewegen können.
Die Besetzung von “Kind of Blue” war ein Zusammenschluss renommierter Jazzmusiker. Miles Davis, der charismatische und innovative Bandleader, hatte bereits in den 1940er Jahren mit seinen Bebop-Ensembles einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung des Genres gehabt. John Coltrane, bekannt für seine virtuosen Improvisationen und seinen spirituellen Jazzansatz, würde später zu einem der einflussreichsten Saxophonisten aller Zeiten werden. Bill Evans, ein Meister des subtilen und harmonisch anspruchsvollen Spiels, prägte den modalen Jazz nachhaltig mit seiner innovativen Herangehensweise an die Klavierbegleitung.
Die Magie der Improvisation in “So What”
Was “So What” so einzigartig macht, ist die Freiheit, die den Musikern während ihrer Soli gewährt wird. Die Melodie des Stücks dient als Ausgangspunkt für improvisatorische Erkundungen innerhalb des Dorian-Modus. Davis und Coltrane kreieren mit ihren Instrumenten eine dialogähnliche Kommunikation, wobei sie Themen variieren, harmonische Wendungen ausprobieren und neue musikalische Ideen entwickeln.
Die Improvisationen sind nicht hektisch oder überladen, sondern zeichnen sich durch eine ruhige Intensität und eine tiefe emotionale Ausdruckskraft aus. Davis’ Spiel ist prägnant und klar, während Coltrane mit seinen komplexen Phrasen und seinem leidenschaftlichen Ton zu einem Höhepunkt der Session gelangt.
Die lange Dauer von “So What” (fast neun Minuten) ermöglicht es den Musikern, sich in die Stimmung des Stücks zu vertiefen und eine meditative Atmosphäre zu schaffen. Die Musik baut sich langsam auf und erreicht einen Höhepunkt, bevor sie in einer ruhigen Auflösung endet.
Ein Meilenstein der Jazzgeschichte
“So What” ist mehr als nur ein Jazztitel; es ist ein Meilenstein in der Geschichte des Genres. Das Stück öffnete die Tür für den modalen Jazz und beeinflusste Generationen von Musikern. Die einfache Struktur, die offene Harmonie und der Fokus auf Improvisation ermöglichten eine neue Art des musikalischen Ausdrucks, die bis heute relevant bleibt.
“So What” ist ein perfekter Einstieg in die Welt des modalen Jazz. Es ist ein Stück, das man immer wieder hören kann, ohne dass es langweilig wird. Die Musik berührt den Hörer auf einer emotionalen Ebene und lässt ihn tief in die Klangwelt von Miles Davis eintauchen.
Musiker | Instrument |
---|---|
Miles Davis | Trompete |
John Coltrane | Tenorsaxophon |
Bill Evans | Klavier |
Paul Chambers | Bass |
Jimmy Cobb | Schlagzeug |